Leben in Thailand
Tempel, Tradition und Beerdiung in thailand

Beerdigung – mittelalterlich oder modern?

Aktualisiert am 19. Januar, 2024

Eine Beerdigung gibt selten Anlass zur Freude, egal ob in Deutschland oder Thailand, aber man kann hier viel über ein Land, dessen Traditionen und deren Menschen lernen. Auffällig für uns Europäer ist zum Beispiel, dass Thailänder viel natürlicher und offener mit dem Sterben und Tod umgehen als in unseren Breiten. Eine Beerdigung in Thailand unterscheidet sich schon alleine aufgrund der Religion zu den meisten europäischen Ländern. Über 90 % aller Thailänder sind Buddhisten, so ist es kein Wunder, dass die meisten Beerdigungen nach buddhistische Ritualen stattfinden. Aber aus eigener Erfahrung und im Beitrag beschrieben, ist eine Beerdigung in Thailand trotz starker Tradition ziemlich dem Zeitgeist entsprechend und modern und in Deutschland hat es viel mit dem Mittelalter zu tun.

So auch letzte Woche, als die Mutter des Ehemanns einer Schulfreundin meiner Frau in Bangkok verstarb. Ja, Sie haben richtig gelesen und im nächsten Absatz kommt die Erklärung. Wir waren gerade erst von einer 2 Tagesreise von Bangkok zurückgekehrt, als wir die traurige Nachricht erfuhren. Keiner von uns kannte die Mutter, aber da wir alle befreundet sind, fuhren wir zu fünft – 3 Schulfreundinnen und 2 Ehemänner – von Chumphon nach Bangkok. Um 11:00 machten wir uns von Baan Metawi, unserem Zuhause in Thailand, gen Bangkok auf. Um 02:20 Uhr des darauffolgenden Tages nach ca. 1.100 km Fahrt und einer Beerdigung kamen wir wieder Zuhause an.

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Matt Abold leben in chumphon, thailand

Mein Name ist Matt Abold und ich lebe seit 2009 im Baan Metawi, in Chumphon, Thailand. Ich schreibe übers Auswandern und Überwintern sowie über sozial- und wirtschaftspolitische Themen mit Bezug zu Thailand.
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Wer wird alles zu einer Beerdigung in Thailand eingeladen?

Aus Tradition dauert eine Beerdigung in Thailand 3, 7, 9 oder, heutzutage aber selten, 15 Tage. Die Verbrennung, im Buddhismus gibt es keine Erdbestattung, findet immer am letzten Tag statt. In einer großen Stadt werden Beerdigungen aus Platzgründen meistens im Tempel organisiert. Auf dem Land hält es sich die Waage zwischen dem eigenen Zuhause und dem Tempel. Die buddhistischen Gebete nebst Verköstigung finden meist am Abend statt und oft wird der Schirmherr pro Abend gewechselt. Zum Beispiel am ersten Beerdigungstag die Familie, dann eventuell Freunde und Arbeitskollegen oder Arbeitgeber, je nach Einzelfall auch lokale und selbst auch regionale Verwaltungen. Trauerbekleidung ist in ganz Südost- und Ostasien entweder schwarz, aber auch weiß. Nur bei Beerdigungen gibt es eine gerade Anzahl von Mönchen (mind. 4), bei allen anderen Feiern kommen Mönche in ungerader Anzahl.

Nach der Verbrennung gibt es keine gesellschaftliche Trauerphase mehr. Das bedeutet keine Trauerbekleidung für eine bestimmte Zeitspanne, etc. Es wird ohnehin viel stoischer mit dem Tod umgegangen als in Europa. Natürlich sind Thailänder auch traurig über den Tod von geliebten Personen, aber die Lebenseinstellung ist eine andere und da es auch weniger alleinlebende Menschen gibt, gibt natürlich auch die Familie Halt. Aus Tradition werden 100 Tage nach der Verbrennung meist noch einmal im Tempel religiöse Verdienste erworben. Im Deutschen klingt „Verdienste erwerben“ unbeholfen, ist aber im Buddhismus ein weit verbreitetes Konzept. Siehe auch Tham Bun. Auch im nachfolgenden Beitrag geht es ein wenig darum: Chumphon, Thailand – Ein kurioser Tag im Leben eines Baxidas

Warum werden viele Trauergäste eingeladen?

Es gibt selbstverständlich regionale Unterschiede bei einer Beerdigung innerhalb von Thailand. Aus der Tradition heraus in unserer Gegend lädt man so viele Personen wie möglich zu einer Beerdigung ein. Wir haben schon Einladungen bekommen, wo ein Großvater einer Dame, die mit einer Freundin meiner Frau befreundet ist, auch meine Frau eingeladen hat, obwohl sie besagte Dame gar nicht kannte, geschweige denn den Großvater. Jeder Eingeladene isst mit der Familie und übergibt dann ein Kuvert mit Geld. Nimmt man selbst nicht an der Beerdigung teil, gibt man das eigene Kuvert einem anderen Teilnehmer bzw. man überweist es. Der Geldbetrag richtet sich nach den eigenen Möglichkeiten, dem Grad der Verwandt- bzw. Bekanntschaft, wer war der Verstorbene und anderen, schwer messbaren Kriterien. Eine Tradition, die zumindest in Bayern früher noch ähnlich war und selbst heute noch auf dem Land manchmal praktiziert wird.

Obwohl Glücksspiel, außer dem staatliche Lotto, in Thailand noch verboten ist, gilt dies wohl nicht bei einer Beerdigung bzw. wird geduldet. Um die Kosten der Beerdigung noch zu reduzieren, könnte die Familie halb professionelle Kartenspieler einladen, die nach dem Gebet und Essen, Trauergäste zu einem Glücksspiel einladen. Dabei bekommt die Familie des Toten entweder eine feste Geldsumme bzw. eine Umsatzbeteiligung des „erwirtschafteten Umsatz“ des Glücksspielers. Im August 2023 hatte ich es selbst bei einer Beerdigung erlebt und auch 160 Baht gewonnen 😉

Während Covid-19 wurden Beerdigungen oftmals beschleunigt und die Anzahl der Trauergäste beschränkt. Diese Regelung bestand zwar nicht mehr als wir im Februar 2022 nach Bangkok fuhren, aber die Gebete der Mönche wurden stark beschleunigt und das Essen im Tempel wurde durch Essen zum Mitnehmen ersetzt.

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Sozialsteuer in Thailand

In Thailand nennen dies manche umgangssprachlich freiwillige Sozialsteuer, wenn eingeladene Gäste einen Geldbetrag in einem Kuvert übergeben. Dies ist nicht nur auf Beerdigung beschränkt, sondern auch bei anderen buddhistischen Ritualen, wie zum Beispiel einer Mönchsweihe, Hauseinweihung, aber auch bei einer Hochzeit. Warum? Viele tragen die teils erhebliche Kosten gemeinschaftlich. Es ist quasi eine Art genossenschaftliche Feier.

Viele Einladungen für uns als Familie landen bei meiner Schwiegermutter, die gerne der Tradition folgt und auf die Feierlichkeiten manchmal alleine, mit meiner Frau oder Geschwister, oder aber auch mit einem Neffen oder einer Nichte hingeht. Selbstverständlich wird dies in einigen Jahren mehr und mehr von uns erwartet und selbstverständlich werden wir dies auch machen. Es kann natürlich manchmal schon aufwendig sein, aber in Rom mach es wie die Römer gilt natürlich auch bei diesen Feierlichkeiten. Wunderbar und so befreiend empfinde ich allerdings, dass das gesamte System größtenteils ohne einen aufdringlichen Staatsapparat auskommt, daher ist es zwar traditionell, aber für mich auch sehr modern.

Mittelalterlich geht es bei Beerdigungen in Deutschland zu

Mittelalterliche Gesetze nicht etwa nur im übertragenen Sinne, sondern einige dieser Vorschriften stammen tatsächlich aus dem Mittelalter und sind bis heute noch gültig. Zum Beispiel Bestattungspflicht, da könnte man beim Gesetz des Friedhofszwang aus dem 18. Jahrhundert schon von einem modernen Gesetz sprechen. Mag manches dabei bei Erdbestattungen noch durchaus normal sein, ist es bei Urnenbestattungen nur noch mittelalterlich. Regelungen, die nicht aus dem Mittelalter stammen, sind nicht mal mehr mit der völlig versagenden Verwaltung in Deutschland zu erklären. Zum Beispiel hat ein Friedhof weiterhin ein Monopol und bepreist nach Gutdünken. Heutzutage ist es nach meiner Meinung pures Besitzstandwahren von der gesamten Totenindustrie in Deutschland. Unsere Mietmaulpolitiker lassen sich von diesen Besitzstandwahrern vor den Karren spannen. Sie machen dadurch den Schicksalsschlag für die Hinterbliebenen auch noch zur staatlich sanktionierten finanziellen Ausbeutung.

Die netten Bestatter

Bestatter in Deutschland haben dazu auch noch leichtes Spiel, da die in den Bundesländern vorherrschenden Gesetze Transparenz, Wettbewerb und Verbraucherschutz faktisch verhindern. Dies ist fast eine Definition von Besitzstandwahrer. Beiträge, die sich der deutschen Verwaltung widmen:

📌 Klicken Sie für Verwaltungsscherzchen bitte hier:

Einzig bei der Sargpflicht gibt es Bewegung in einigen Bundesländern, klicken Sie hier. Jedoch gilt dies nur für Erdbestattungen und ist der wachsenden Zahl von muslimischen Beerdigungen geschuldet. Bei Urnenbestattung besteht weiterhin eine Sargpflicht. Wenn Ihnen dies komisch vorkommt, hier ein bisschen ausführlicher das Beispiel der Bestattung meiner Mutter vor einigen Jahren in Bayern.

Geht es noch?

Als meine Mutter vor ein paar Jahren in Schwaben verstarb, wurde sie zwar dort eingeäschert, aber die Bestattung sollte in Niederbayern erfolgen. Dafür mussten 2 Bestatter eingeschaltet und bezahlt werden. Es handelte sich um unterschiedliche Bestatterbezirke, daher durfte der Schwäbische Bestatter die Urne nur bis zur „Friedhofsmauer“ in Niederbayern transportieren. Diese wurde dann vom dortigen Bestatter in Empfang genommen. Uns waren die Hände gebunden und wir mussten uns mit diesem mittelalterlichen Schmarren (bayrisch für Unsinn) abgeben und doppelt bezahlen.

Auch die Fragen beim Bestatter in Schwaben vor der Verbrennung waren nur peinlich. Zum einen besteht in Bayern weiterhin eine Sargpflicht bei einer Feuerbestattung, aber nicht bei Erdbestattungen aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen. Dies schreit förmlich nach staatlich behüteten Besitzstandwahren, aus rein finanziellen Gründen. Auch hier mussten wir uns dem mittelalterlichen Schmarren unterordnen und zahlen. Als der Bestatter dann noch eine Innenausstattung des zu verbrennenden Sarges verkaufen wollte, platzte mir der Kragen. So ging es auch bei der Urnenbeerdigung in Niederbayern weiter. Eine irrsinnige Vorschrift nach der anderen, die die finanzielle Ausbeutung legitimierte.

Nicht nur eine Beerdigung in Thailand, sondern auch in den meisten europäischen Ländern ist oft mit Tradition, aber auch Vernunft und gesundem Menschenverstand getragen. Ich kenne kein anderes Land, wo der Staat sich über den Tod hinaus so aufdringlich und extrem heuchlerisch einmischt, wie in Deutschland.

Eine erlebte Posse eine Freundes

Es geht gerade in der Totenindustrie noch viel absurder. Ein guter Freund von mir bekam von der Stadt Köln die Aufforderung, das Grab seiner Mutter wieder fachmännisch standsicher zu machen, da dies bei der alljährlichen Prüfung mittels Rütteln auffiel. Sogleich wurde diese Gefahr von der Friedhofsverwaltung „provisorisch gesichert“. Nutzer seien „für den verkehrssicheren“ Erhalt verantwortlich. Also es gibt tatsächlich angestellte oder verbeamtete Grabsteinrüttler, die bei einer Bemängelung, das Grab vor etwa spielenden Kindern provisorisch absichern, da ja jeder weiß, dass umfallende Grabsteine zur Todesursache Nummer 1 in Deutschland zählen. Für die erzwungene fachmännische Behebung, die jeder nur Halbbegabte in einer Minute erledigen könnte, wurden meinem Freund schlappe € 333,25 berechnet.

In Deutschland wird es einfach hingenommen, dass die gesamte Totenindustrie leistungsfrei durchgefüttert wird. Dass diese Bestatter, Steinmetze, Friedhofsverwaltungen, etc. daran nichts ändern möchten, ist ziemlich klar. Dies hat es in der Vergangenheit schon einmal gegeben, wo die Errungenschaften des römischen Reiches über viele hundert Jahre nicht nur nicht weiterentwickelt, sondern von den Zünften auch zunichtegemacht wurden.

Was fehlt ist letztendlich Arbitrage, beschrieben im Beitrag: Philodendron Manie und Arbitrage in Thailand.

Privatsache oder Aufgabe des Staates?

Die katholische Kirche und die Zünfte und Stände sorgten dafür, dass wir uns aus damaliger Sicht zurück in die Steinzeit entwickelt haben. Genau diese beiden treten bis zum heutigen Tage besitzstandswahrend auf und blockieren, mit Hilfe unseres Staatsapparats, nötige Veränderungen. Erst durch dieses Verhalten wird Tradition zerstört, die es doch eigentlich gilt zu bewahren.

Thailand ist nicht nur bei Beerdigungen sehr der eigenen Tradition verbunden, dennoch hält sich der Staat auch hier größtenteils heraus, was auch richtig modern ist. Es geht schon, wenn man nur wollen würde. Selbst die USA geht neue Wege bei der Beerdigung, die auch klimafreundlich sind. Wir, die aufgeklärten Deutschen werden diese niemals gehen, siehe BBC dazu. Weitere Beiträge, in denen das Fehlen einer überbordenden, inkompetenten und völlig durchgeknallten Verwaltung sehr positiv auffällt:

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Interessiert am Auswandern? Siehe dann nachfolgende Beiträge …

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3 Kommentare

  1. Danke fuer diesen interessanten und witzigen Einblick in die thailaendische Bestattungskultur. Habe einiges gelernt.
    Sehr gut auch der Vergleich zu der deutschen ‚Kultur“ die von Uerberbuerokratisierung und Besitzstandswahrung gepraegt ist.
    Ich denke, das gilt so oder aehnlich fuer viele Lebensbereiche. Das ist wesentlicher Grund dass sich das Leben hier freier und leichter anfuehlt.

    Beste Gruesse aus BKK – Sven
    (sorry, meine Tastatur hat keine deutschen Sonderzeichen)

  2. Vielen Dank für diesen interessanten Einblick in die thailändische Bestattungskultur! Spannend zu erfahren, dass die Thailänder die Beerdigung über mehrere Tage hinweg feiern. Auch interessant finde ich, dass in größeren Städten die Bestattungen in Tempeln organisiert werden. Was für eine faszinierende Kultur! Danke für den Beitrag!

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